Mal eben die laut Google 1200 km mit dem Fahrrad von Wien nach Nizza, das reichte Stefanie Thissen, die alle nur Stevie nennen und die seit einem Jahr Mitglied im Radteam Neu-Isenburg ist, als Herausforderung nicht. Sie hat noch ein paar Schleifen eingebaut und aus der eh schon langen Strecke eine wirklich extrem lange gemacht.
Genau genommen waren es 2318 km mit 36260 Höhenmetern und das alles in 9 Tagen, 11 Stunden und 46 Minuten. Stevie war eine von 286 Teilnehmer*innen beim diesjährigen „Three Peaks Bike Race“ (TPBR). Das TPBR ist ein seit 2018 jährlich ausgetragenes Ultradistanz-Radrennen, das von Wien aus die Alpen durchquert. Zielorte sind alternierend Nizza und Barcelona. Die Fahrer*innen müssen im Verlauf des Rennens drei vom Veranstalter vorgegebene Streckenanschnitte bzw. Passhöhen anfahren, die Wahl der Route zwischen diesen Kontrollpunkten ist ihnen freigestellt. Während des Rennens sind die Radler*Innen auf sich allein gestellt, sie haben ihre gesamte Ausrüstung am Rad dabei und versorgen sich selbst (self-supported bike packing).
Über eine vorgegebene Route ging es aus Wien heraus bis nach Mariazell. Die diesjährigen Teilstrecken und Kontrollpunkte lagen am Monte Grappa nördlich von Venedig, am Grimselpass in der Schweiz, in den Vogesen am Grand Ballon sowie in Alp d´Huez.
Diese Vorgaben erklären die „Schleifen“, die Stevie über legendäre Pässe wie den Ofen-, Albula-, Oberalp-, Furka, Grimselpass, dann durch die südlichen Vogesen und zum „Abschluss“ von Alpe d’Huez noch über einige „Tour de France 2024“ Pässe, wie den Col d‘Izoard, Cime de la Bonette und Col de Turini führten.
Überglücklich erreichte Stevie am 15. Juli gegen Abend den Zielort Nizza, wo sie von ihrem Mann Thomas an der Strandpromenade empfangen wurde. Sofort wurde ein eiskaltes Finisher Bier gereicht. Zeitgleich mit dem Bier vor einer fantastischen mediterranen Kulisse vorm dem Hotel Negresco waren viele der Strapazen und der schmerzende Hintern vergessen.
Das Fazit von Stevie:
„Es war eine tolle Tour mit 1A Ausblicken bei meist trockenem Wetter und – das schönste Vorab-Geburtstagsgeschenk zum 50. an sich selbst. Ich bin sehr stolz, dass ich diese Herausforderung gemeistert habe. Die 8-monatige Vorbereitung mit vielen km im Sattel, aber auch mit viel Kraft- und Mobilisationstraining haben sich ausgezahlt. Körperlich habe ich die Anstrengung gut verkraftet, mental meist auch.“
Die größte Herausforderung und auch gleichzeitig die größte Krise waren die Kletterei hoch zum Col d‘Izoard an einem sonnigen Sonntag mit starkem Gegenwind und vielen sehr lauten Motorrädern. Spätestens bei der rasanten Abfahrt in einer spektakulären Landschaft war jeder Kummer aber schon wieder vergessen.
„Nach ein paar Tagen Pause am Mittelmeer mit Schlafen und Essen im Wechsel freue ich mich auch schon wieder auf die nächste Tour. Ende September fahren mein Mann und ich als „Pair“ noch ein kleineres 400 km Rennen in Istrien auf dem Gravelbike. Und im nächsten Jahr kommt sicherlich wieder ein schönes größeres Rennen, vielleicht im Herbst das Trans-Pyrenees? Mal schauen!“
Das TBPR war offensichtlich nicht das letzte Abenteuer im Unsupported Bike Packing Bereich der umtriebigen Extremsportlerin, wahrscheinlich wieder mit vielen Schleifen!